Gewiss haben Sie bereits begriffen, liebe Schwestern, dass die Aufgabe, die Ihnen die Kongregation anvertraut hat, groß, schwierig und verantwortlich ist. Ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Ernennung keine momentane Idee oder eine zufällige Auswahl aus einigen Namen war. Das sicher nicht. Es gab nämlich davor unser Flehen zum Heiligen Geist, Durchdenken und Erwögen. Die Kongregation vertraut Ihnen einfach – und jetzt erwartet sie mit Zuversicht, dass Sie alle Kräfte Ihres Geistes und Ihres Herzens verwenden und dass Sie Ihre Bemühungen forcieren, damit Sie im Licht Gottes, in seiner Kraft und Weisheit ein gutes Werk für die Kirche und für die Welt machen.

Sie sollen der Ordensjugend die Richtung zeigen und zur Heiligkeit führen.

Sie sollen aus den Mädchen der heutigen Zeit, die das Ideal des barmherzigen Christus leben wollen, Persönlichkeiten entwickeln, die ihr Leben intensiv wieder und wieder nach dem Evangelium verwirklichen und die im borromäischen Charisma und in der Fülle der Spiritualität der barmherzigen Schwestern des Heiligen Karl ihre Berufung durch sowohl tätige als auch kontemplative Liebe leben. Das bedarf aus der Seite der Oberinnen: eine große Fleiß, eine gewissenshafte Vorbereitung, Weiterbildung, viele Opfer und vor allem Heiligkeit des eigenen Lebens.

Um der Verantwortung vor Gott und vor der Kongragation willens soll jede Oberin alle rechte Mittel verwenden, damit ihre Erziehung den ganzen Menschen betrifft – die geistliche, geistige und die physische Sphäre; sowohl die Vernunft als auch das Herz.

Es ist notwendig, dass die Erziehung theoretisch und gleichzeitig praktisch ist. Denn sie soll nicht nur zu einem formellen Erfüllung führen, sondern auch zu einer innerlichen Überzeugung führen. Deshalb schreiten wir organisch voran: von kleineren Aufgaben bis zu den schwierigen, von dem Einfacheren zum Schwereren.

Eine Oberin ist bei diesem Dienst:

  • geduldig, aber auch konsequent
  • bescheiden, aber fest
  • Sie handelt immer mit Liebe, soll aber die Gütigkeit der Autorität nicht mit Schwäche verwechseln.
  • In den Anvertrauten erweckt sie eine aktive Mitarbeit an der eigenen Erziehung.
  • Sie verwendet den Unterricht und persönliche Gespräche, um die Ordenspersönlichkeit der Anvertrauten zu entwickeln.
  • Sie führt zu einer persönlichen Veranwortung,
  • zu richtigen Entscheidungen,
  • Zu einer richtigen Benutzung von Freiheit.
  • Sie lehrt, wie man gemeinsam den Anderen dienen kann
  • und wie man nicht nur das eigene Leben, sondern das leben der ganzen Gemeinschaft verbessern könnte.

Gewissenhaft untesrtützt sie die Treue zur Kirche als ein besonderes Zeichen der Borromäerinnen. Ein kirchliches Denken muss ein Eckstein der Barmherzigen Schwestern des Hl. Karl Borrmäus von Anfang an bleiben.

Es sit außerordentlich wichtig, dass jede Oberin ihren Dienst liebt. Die Seelen, die ihr Gott anvertraut hat, d.h. die Postulantinnen, die Novizinnen und die Juniorinnen, müssen ihr „Hobby“ darstellen.

Eine weitere Bedingung für ein gesegnetes Gelingen ihres Dienstes ist die Einheit mit der Ordensoberin.

Ständig reden wir von Erneuerung. Falls unsere Gemeinschaften eine innere Erneuerung brauchen, so ist es eine Erneuerung der Liebe und der Einheit.

Gerade die Oberinnen sollen ein Ideal der schwesterlichen Beziehungen selbst zeigen. Jede Liebe muss sich durch Taten äußern.

(Mutter Vojtěcha bei Besprechung der Oberinen im Dezember 1977)